Im Gutachten zum Katastrophenschutz im Ahrtal heißt es wörtlich: „Die anwesenden Personen haben alles gegeben – das Führungssystem ließ nur nicht mehr zu.“ Es habe weder eine Stabsdienstordnung noch ein Einsatzführungskonzept gegeben, System-Abläufe seien unklar gewesen, das Personal der Einsatzleitung nicht im Ansatz ausreichend geschult, so der Gutachter Dominic Gißler. Die entsprechende Führungsrichtlinie „spiegelt zum Ereigniszeitpunkt nicht das technologisch Mögliche“.
Vor diesem Hintergrund empfehlen wir jedem für den Katastrophenschutz Verantwortlichen, dringend einen „Readiness-Check“ für seinen Bereich durchzuführen. Katastrophen und Notfälle können jederzeit und überall auftreten – zumeist, wie im Ahrtal geschehen, ohne große Vorlauf und ohne Vorwarnzeit. Seien es Naturereignisse wie Überschwemmungen oder Erdbeben, ein technisches Desaster wie ein Chemieunfall oder gar terroristische Anschläge. In solchen Momenten ist schnelle und effiziente Hilfe entscheidend, um Menschenleben zu retten und Schäden zu minimieren.
Doch ist Ihr Kreis oder Ihre Kommune wirklich für den Ernstfall gerüstet? Ein wichtiger Ansatzpunkt, um dies herauszufinden und die Vorbereitung zu optimieren, ist der sogenannte "Readiness-Check" im Katastrophenschutz.
Warum ist ein Readiness-Check wichtig?
Der Katastrophenschutz ist eine gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen. Die Kommunen sind dabei oftmals die erste Anlaufstelle für Hilfe und Unterstützung in Notsituationen. Um sicherzustellen, dass diese Unterstützung effektiv und schnell bereitgestellt werden kann, ist eine umfassende Vorbereitung unerlässlich. Der Readiness-Check dient dazu, die vorhandenen Ressourcen und Pläne zu überprüfen, Schwachstellen zu identifizieren und Maßnahmen zur Verbesserung zu ergreifen.
Schritte des Readiness-Checks
Ein Readiness-Check im Katastrophenschutz Ihrer Kommune sollte unter anderem folgende Aspekte beleuchten:
1. Bestandsaufnahme der Ressourcen:
Überprüfen Sie, welche Ressourcen in Ihrer Kommune für den Katastrophenschutz zur Verfügung stehen. Dies können Feuerwehren, Rettungsdienste, Hilfsorganisationen, Notunterkünfte, medizinische Versorgungseinrichtungen und vieles mehr sein.
2. Risikoanalyse:
Identifizieren Sie die potenziellen Risiken, denen Ihre Kommune ausgesetzt ist. Dies können natürliche Gefahren wie Überschwemmungen, Stürme oder Waldbrände, aber auch technische Gefahren wie Chemieunfälle oder Stromausfälle sein. Haben Sie in Ihrem Verantwortungsbereich Industriebetriebe mit besonderem Gefährdungspotenzial? Sind die kritischen Infrastrukturen bestmöglich abgesichert?
3. Überprüfung bestehender Pläne und Abläufe:
Stellen Sie sicher, dass Ihre Kommune gut vorbereitet ist, indem Sie bestehende Notfallpläne und -verfahren auf Vorhandensein, Aktualität und Vollständigkeit überprüfen. Diese sollten klar und verständlich sein, um im Ernstfall schnell umgesetzt werden zu können.
4. Personal, Schulung und Training:
Stellen Sie sicher, dass die Mitarbeitenden der Verwaltung und die Freiwilligen, die im Katastrophenschutz tätig sind, regelmäßig geschult und auf den neuesten Stand gebracht werden, dass es ausreichend personelle Ausfall- und Rückfallebenen gibt. Dies ist entscheidend, um effektiv auf Notfälle reagieren zu können. Hand aufs Herz: Wann haben Sie die letzte realitätsnahe Stabsübung mit allen beteiligten Akteuren durchgeführt?
5. Kommunikation:
Die Kommunikation ist ein entscheidender Faktor im Katastrophenschutz. Prüfen Sie, inwieweit die Kommunikationssysteme zuverlässig funktionieren und dass die Bevölkerung im Ernstfall gut informiert wird. Stellen Sie sicher, dass Sie auch im Fall des Ausfalls kritischer Infrastrukturen weiterhin handlungsfähig bleiben, Schlüsselpositionen mit unabhängiger Stromversorgung abgesichert sind, schaffen Sie für Ihre IT Redundanzsysteme und sorgen Sie für eine resiliente IT-Infrastruktur. Sorgen Sie dafür, dass sich alle Akteure der Gefahrenabwehr kennen und regelmäßig austauschen.
6. Digitalisierung
Digitalisierung ist mehr als nur ein Modewort. Digitalisierung bedeutet aber weder, einfach vorhandene Ordner einzuscannen und als PDF bereitzustellen und erst nicht, nun sämtliche Prozesse – im Katastrophenschutzzusammenhang beispielsweise Einsatzabschnitte, Schadenkonten, Nachrichtenein- und -ausgänge, Lagekarten usw. in Outlook, Powerpoint und Excel zu verwalten. Digitalisierung bedeutet vielmehr allen beteiligten Akteuren genau die benötigten Daten zur Informationsgewinnung und/oder Aufgabenbewältigung in Echtzeit in der jeweils notwendigen Detailtiefe im aktuellen Stand zur Verfügung zu stellen und alle vorhandenen Daten so miteinander zu vernetzen, dass Prozesse standardisiert und optimiert werden können. Insellösungen sind hierbei zu vermeiden, zumindest aber muss auf die Durchlässigkeit der Systeme geachtet werden. Diese Aufzählung ist nicht abschließend - aber sie zeigt, dass Digitalisierung vor allem auf Effizienz und optimale Ressourcenausnutzung zielt.
Aus der Praxis gefragt: Was bringen Einsatzpläne für kritische Infrastrukturen und beispielsweise Störfallbetriebe in Ihrem Verantwortungsbereich, wenn diese nur in Papierform vorliegen, die vermutlich schon zum Zeitpunkt des Ausdrucks veraltet waren und die Abarbeitung mühevolle und fehleranfällige Handarbeit ist?
7. Führungsunterstützungssoftware, welche ist die richtige und wie ist sie integriert:
Ganz klar: Vierfachvordruck und analoge Stabsarbeit sparen zwar Geld, kosten aber im Zweifelsfall Menschenleben. Führungssysteme, die aus den Zeiten des kalten Krieges entstammen, haben ausgedient und sind lediglich als Redundanz bei Komplettausfall der IT- und Kommunikationsinfrastruktur samt aller Rückfallebenen zu sehen. Die Führungsunterstützungssoftware als wichtiger Teil der Digitalisierung sollte keinesfalls ein „Hobbyprojekt“ eines besonders IT-affinen Feuerwehrmitarbeiters sein, sie muss professionellen Standards genügen. Wenn bereits eine Software vorhanden ist: Systeme entwickeln sich weiter – ist sie also auf dem aktuellen Versionsstand? Beim Anbietercheck empfiehlt sich sicherlich auch ein Blick hinter die Kulissen: Wie lange gibt es die Firma tatsächlich? Welche Referenzen sind vorhanden? Wo wird die Software entwickelt und schlussendlich: Verfügen die Mitarbeiter über entsprechend professionellen beruflichen Background?
Ein besonders wichtiger Aspekt ist die störungsfreie, möglichst bidirektionale Anbindungsmöglichkeit der Führungsunterstützungssoftware des Stabes und der Einsatzleitungen vor Ort an das Einsatzleitsystem der Leitstelle. Diese Integration ermöglicht eine effiziente Koordination und Kommunikation zwischen allen Beteiligten und sorgt dafür, dass die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit getroffen werden können. Und sie ermöglicht es, die Software auch im Tagesgeschäft zu nutzen und so bei der täglichen Einsatzbewältigung die Readiness für die Katastrophenereignisse zu üben.
Maßnahmen zur Verbesserung
Der Readiness-Check kann und soll Schwachstellen und Handlungsbedarfe in Ihrem Katastrophenschutz aufdecken. Dies eröffnet die Möglichkeit zur Implementierung von gezielten Verbesserungsmaßnahmen. Dazu gehören die Aktualisierung von Notfallplänen, um aktuelle Risiken und Gegebenheiten zu berücksichtigen, die Beschaffung zusätzlicher Ressourcen wie Ausrüstung, Fahrzeuge und IT-Infrastruktur zur Steigerung der Einsatzfähigkeit sowie die Förderung von Kooperation und Zusammenarbeit mit den Kommunen und Organisationen, um Ressourcen und Fachwissen zu teilen.
Fazit
Der Readiness-Check im Katastrophenschutz ist ein wesentlicher Schritt, um sicherzustellen, dass Ihr Landkreis oder Ihre Kommune für den Ernstfall gerüstet ist. Die Vorbereitung auf Notfälle ist nicht nur eine Aufgabe für die Behörden, sondern für alle beteiligten Akteure. Die Sicherheit und das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger stehen auf dem Spiel und eine gründliche Vorbereitung kann Leben retten. Machen Sie den ersten Schritt und prüfen Sie Ihre Bereitschaft für den Ernstfall.
In Sachen Digitalisierung, Führungsunterstützungssoftware, Stabssysteme, IT-Infrastruktur, Stabsschulung usw. beraten und unterstützen wir Sie gerne.