Die Digitalisierung bietet im Bereich der Gefahrenabwehr zahlreiche Chancen, um Einsätze effizienter zu gestalten und den Informationsfluss zu optimieren. Progressive Web Apps (PWA) sind ein moderner Ansatz, der verspricht, plattformunabhängige und kosteneffiziente Softwarelösungen bereitzustellen. Doch sind PWAs wirklich die richtige Wahl für die hohen Anforderungen der Gefahrenabwehr?
Dieser Artikel beleuchtet sowohl die Vorteile als auch die Grenzen von PWAs und zeigt auf, wo traditionelle On-Premise Server-Infrastrukturen unverzichtbar bleiben.
Vorteile von PWAs in der Gefahrenabwehr
- Plattformunabhängigkeit
PWAs laufen – wenn sie responsive ausgelegt sind – auf nahezu jedem Gerät mit einem aktuellen Webbrowser, sei es ein Smartphone, Tablet oder Desktop-PC. Dies erleichtert die Bereitstellung und Nutzung auf verschiedenen Plattformen (1). - Offline-Funktionalität
Durch Caching-Mechanismen können PWAs grundlegende Funktionen auch ohne Internetverbindung bereitstellen. Dies ist hilfreich, wenn temporäre Netzwerkausfälle auftreten, hat aber auch klare technische Grenzen (2). - Einfache Wartung und Updates
Updates werden zentral über einen Server bereitgestellt, sodass Endanwender keine manuelle Aktualisierung durchführen müssen (1). - Kosteneffizienz
Da PWAs nur einmal entwickelt und dann plattformunabhängig betrieben werden können, reduzieren sich die Entwicklungskosten im Vergleich zu nativen Apps erheblich (1).
Grenzen von PWAs in der Gefahrenabwehr
Trotz dieser Vorteile stoßen PWAs in kritischen Anwendungsfällen schnell an ihre Grenzen. Insbesondere in der Gefahrenabwehr, wo Verfügbarkeit, Sicherheit und Offline-Fähigkeit im Sinne einer vollumfänglichen Autarkie in Katastrophenszenarien unumgänglich sind, zeigen sich signifikante Nachteile:
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Eingeschränkter Zugriff auf Hardware-Ressourcen
PWAs haben oft, je nach Plattform, nur begrenzten Zugriff auf gerätespezifische Funktionen wie GPS, Kamera oder Sensoren. In Anwendungsfällen, die eine tiefe Integration in die Gerätehardware erfordern, sind sie daher nur eingeschränkt nutzbar (3). -
Abhängigkeit von der Netzwerkinfrastruktur
Obwohl PWAs grundlegende Offline-Fähigkeiten besitzen, ist ihre Funktionalität im Vergleich zu traditionellen Anwendungen begrenzt. Bei einem vollständigen Ausfall kritischer Infrastrukturen (z. B. Mobilfunk- und Internetdienste) fehlt eine verlässliche Synchronisation und Datenaktualisierung (2). Bei längerfristigen Infrastrukturausfällen, mit denen beispielsweise bei großflächigen Extremwetterereignissen oder auch Brown-Out/Black-Out-Szenarien gerechnet werden muss, stoßen sie schnell an ihre Grenzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die PWAs auf vielen Geräten gleichzeitig genutzt werden und die Daten bei Wiederherstellung der Verbindung zwischen diesen abgeglichen werden müssen. Auch das verwendete Gerät limitiert die Offline-Fähigkeit – wird die PWA z. B. aufgrund leerer Batterie eines Tablets beendet, sind die gepufferten Daten verloren. -
Eingeschränkte Performance bei komplexen Anwendungen
Anwendungen, die hohe Rechenleistung erfordern, wie beispielsweise geographische Informationssysteme (GIS) oder simulationsbasierte Entscheidungsunterstützung, stoßen bei der Nutzung von PWAs ebenfalls an technische Grenzen. Die browserbasierte Laufzeitumgebung ist nicht für leistungsintensive Berechnungen ausgelegt (2). -
Datensicherheit und Datenschutz
In sensiblen Bereichen, in denen höchste Sicherheitsstandards erforderlich sind, bieten PWAs durch ihre browserbasierte Architektur potenzielle Angriffsflächen. Die Kontrolle über Datenströme und Speicherorte ist weniger präzise als bei On-Premise-Lösungen (4). -
Fehlende Autarkie in Krisensituationen
Die Abhängigkeit von Webtechnologien bedeutet, dass ohne eine zentrale Serververbindung viele Funktionen eingeschränkt oder gar nicht nutzbar sind. In Katastrophenszenarien, in denen eine autarke IT-Lösung erforderlich ist, sind PWAs nicht ausreichend leistungsfähig (2).
Fazit: PWAs vs. On-Premise-Server-Infrastrukturen
Progressive Web Apps eignen sich hervorragend für einfache Anwendungen in der Gefahrenabwehr, etwa zur Bereitstellung von Checklisten, Kommunikationsplattformen oder Informationsportalen. Sie bieten eine kosteneffiziente und leicht bereitzustellende Ergänzung zu bestehenden Systemen.
Für komplexe operative Anforderungen, wie sie in der Stabsarbeit oder bei der Koordination großer Einsatzlagen erforderlich sind, bleibt jedoch die klassische On-Premise Server-Infrastruktur mit einer resilienten Three-Tier-Architektur samt lokaler, revisionssicherer Datenspeicherung bislang unersetzlich. Solche Systeme sind in der Lage, vollständig offline und autark zu agieren. Auch über sehr lange Zeiträume. Sie bieten:
- Höchste Rechnerleistung für GIS-Analysen, simulationsbasierte Entscheidungsunterstützung und Echtzeit-Datenverarbeitung.
- Autarke Betriebsfähigkeit auch bei vollständigem Ausfall externer Kommunikationswege.
- Umfassende Sicherheitskontrollen durch geschlossene Systemumgebungen ohne externe Abhängigkeiten (5).
In sensiblen Bereichen, in denen Softwaresysteme höchste Verfügbarkeit in Krisensituationen gewährleisten müssen, kommt man an einer robusten, offlinefähigen Three-Tier-Client-Infrastruktur mit autarken Servern nicht vorbei.
PWAs sind daher eine sinnvolle Ergänzung für nicht-kritische Anwendungen, können aber in sicherheitsrelevanten Szenarien keine vollwertige Alternative zu bewährten Server-Infrastrukturen darstellen.
Quellenverzeichnis
- Evaluating Progressive Web App Accessibility for People with Disabilities (2022). https://www.mdpi.com/2673-8732/2/2/22
- Science World Journal. A Web-Based Platform for Disaster Management (2024). https://scienceworldjournal.org/article/download/24174/15171
- The Pros and Cons of Using Progressive Web Apps (2022). https://zudu.co.uk/blog/the-pros-and-cons-of-using-progressive-web-apps/
- Categorizing Service Worker Attacks and Mitigations (2021). https://arxiv.org/abs/2111.07153
- What is Data Center Resiliency and Why is it Important? (2022). https://www.techtarget.com/searchdatacenter/definition/resiliency